Unsere Sinnessysteme - wenn Systeme unter- oder überfordert sind

Im letzten Blogpost haben wir uns mit den acht Sinnen beschäftigt und deren Funktionen erklärt. In diesem Beitrag fokussieren wir uns auf Unterschiede in den Sinnessystemen zwischen Menschen und wie diese variieren können.

Um dies anschaulich zu machen, kann man sich für jedes Sinnessystem ein individuelles Empfindungs-Barometer vorstellen, das für jede Person unterschiedlich eingestellt ist.

Die meisten Menschen benötigen eine durchschnittliche Menge an Sinnesreizen, die sie als angenehm empfinden (mittlerer Bereich des Barometers). Einige Personen reagieren jedoch empfindlicher oder unempfindlicher auf bestimmte Reize: Manche brauchen mehr Reize, um diese wahrzunehmen oder sich wohlzufühlen (linker Bereich), andere benötigen weniger Reize (rechter Bereich).

Abbildung 1. Empfindungs-Barometer

Die Grafik zeigt drei vertikale Barometer, die unterschiedliche Empfindlichkeitsbereiche verdeutlichen. Eine grüne Linie markiert die optimale Reizmenge, bei der das Sinnessystem ideal beansprucht wird.

Die optimale Reizmenge kann individuell stark variieren, wie an den Beispielen von Lisa, Ilyas, Alex und Ana deutlich wird. Während Lisa laute Rockmusik hört, um sich gut konzentrieren zu können, nutzt Ilyas Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung, weil er vollkommene Ruhe braucht. Alex trägt bevorzugt weite und luftige Kleidung, während Ana enge und schwere Stoffe angenehmer findet.

Hypersensibilität

Hypersensibilität beschreibt eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Sinnesreizen, bei der bestimmte Reize wie Geräusche, Licht, Gerüche oder Berührungen intensiver und oft als unangenehm wahrgenommen werden. Diese Sensibilität kann allgemein (z. B. gegenüber allen Geräuschen) oder spezifisch (z. B. gegenüber menschlicher Sprache) ausgeprägt sein.

Lisa hört zwar gerne laute Musik, aber viele gleichzeitige Stimmen stressen sie so sehr, dass sie sich kaum auf ihr Gespräch konzentrieren kann.

Zu viele Reize können zu Stress und Überforderung führen. Wird die individuelle Belastungsgrenze überschritten, kann es zur Reizüberflutung kommen. Das Gehirn kann die Vielzahl an Reizen dann nicht mehr angemessen verarbeiten, wodurch kognitive Prozesse, wie die Konzentration, beeinträchtigt werden. Auch der Schlaf kann leiden, wenn die erhöhte Reizwahrnehmung Entspannung erschwert. Ilyas muss beispielsweise mit Ohrstöpseln schlafen, da ihn selbst leise Gespräche aufwecken.

Hyposensibilität

Hyposensibilität beschreibt eine verringerte Empfindlichkeit gegenüber Sinnesreizen, sodass Reize wie Geräusche, Licht, Berührungen oder Temperaturveränderungen nur schwach oder gar nicht wahrgenommen werden. Diese Sensibilität kann ebenfalls allgemein oder spezifisch auftreten.

Ana mag enge Kleidung, solange sie nicht Kopf oder Hals berührt. Alex empfindet weite Kleidung als angenehm, aber beim Schlafen bevorzugt er eine Gewichtsdecke, da der zusätzliche Druck ihm hilft, sich zu entspannen.

Eine zu hohe Wahrnehmungsschwelle kann dazu führen, dass schwächere Reize verzögert oder gar nicht registriert werden. Fehlen dem Gehirn dadurch sensorische Informationen, kann dies die Konzentrations- und Entspannungsfähigkeit beeinträchtigen. Menschen mit Hyposensibilität zeigen häufig ein reizsuchendes Verhalten, indem sie unbewusst stärkere Reize aufsuchen. Sie neigen eher dazu, sich in riskante Situationen zu begeben. Auch (selbstverletzendes) Verhalten wie Zwicken, Kratzen oder Schlagen kann ein Anzeichen von Hyposensibilität sein.

Fazit

Jeder Mensch nimmt Sinnesreize unterschiedlich wahr – manche brauchen mehr, andere weniger, um sich wohlzufühlen. Hypersensibilität führt zu einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Reizen, die schnell als überwältigend empfunden werden können, während Hyposensibilität eine schwächere Reizwahrnehmung zur Folge hat, wodurch oft stärkere Stimuli gesucht werden.

Ein besseres Verständnis der individuellen sensorischen Bedürfnisse kann helfen, den Alltag angenehmer zu gestalten und passende Strategien zu finden. Welche Methoden es gibt, um verschiedene Sensibilitäten auszugleichen, betrachten wir im nächsten Teil unserer Reihe Unsere Sinnessysteme.

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Unsere Sinnessysteme – Was kann man tun, wenn es zu viele Reize sind?

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Unsere Sinnessysteme - mehr als nur Sehen, Hören und Fühlen